Francis Ford Coppola ist zurück: Der Regisseur von Der Pate-Trilogie und Apocalypse Now, dreht gerade sein Herzensprojekt Megalopolis. Der Film soll ein utopisches Drama sein, das im New York der Zukunft spielt. Mit Megalopolis könnte Francis Ford Coppola endlich auf die große Leinwand zurückkehren. Sein letzter Film liegt nämlich 12 Jahre zurück. Damit gehört er zu einer Reihe an großen Regisseuren, um die es in den vergangenen Jahren ruhig geworden ist. Die einst Stars in der Branche waren und dann in der Versenkung verschwunden sind.
In diesem Blogbeitrag stelle ich 5 ehemals legendäre Regisseure und ihre Schicksale vor: Vom aufmüpfigen Rebell über den Einzelgänger bis hin zum Kriminellen. Ihre Geschichten sind vielseitig, auch die von Francis Ford Coppola: Denn dass der Regisseur wirklich Megalopolis abschließt, ist keinesfalls gewiss…
1. Frank Darabont (Die Verurteilten, The Green Mile, The Walking Dead)
Andy Dufresne und Ellis Boyd Redding alias „Red“. Jeder Filmfan hat diese Namen schon einmal gehört. Kein Wunder: Die Verurteilten (1994) von Frank Darabont ist der beste Film aller Zeiten – zumindest wenn es nach den IMDb-Bewertungen geht. Daneben hat Darabont auch den bekannten The Green Mile (1999) gemacht. Der letzte Film des Regisseurs war Der Nebel aus dem Jahr 2007. Was ist passiert?
Was viele vielleicht nicht wissen, ist, dass Darabont Showrunner von der ersten Staffel der Zombie-Serie The Walking Dead war. Die erste Folge hat er sogar selbst inszeniert. Nach Drehschluss der ersten Staffel hat AMC – der für die Produktion verantwortliche Fernsehsender – den Regisseur überraschend gefeuert. Darabont ist bekannt dafür, sehr temperamentvoll zu sein. 2017 sind eine Reihe an E-Mails veröffentlicht worden, in denen der Regisseur seine Kolleginnen und Kollegen teils heftig attackiert. In einer E-Mail heißt es zum Beispiel:
„YOU NEED TO PAY ATTENTION TO THE MOTHERF—ING SCRIPT! I EVEN CHOOSE MY GODDAMN COMMAS FOR A REASON! WHY AM I WORKING SO F—ING HARD IF YOU’RE SHOOTING EVERYTHING SOME OTHER WAY THAT DOESN’T WORK?“*
Dass solche Ausbrüche der Grund für die Entlassung bei The Walking Dead waren, ist wahrscheinlich, bleibt jedoch Spekulation. Doch sie sind nicht der Grund für Darabonts Abstinenz als Regisseur. Nachdem die Serie so großen finanziellen Erfolg erzielte, verklagten Darabont und seine Agentur den Sender 2013. Nach jahrelangem Rechtsstreit wurde im vergangenen Jahr schließlich ein Vergleich erzielt. Darabont und seiner Agentur wurden 200 Millionen US-Dollar zugesprochen. Was sich für den Regisseur erstmal gut anhört, hatte wohl Konsequenzen: Frank Darabont wurde wegen der Klage angeblich auf Hollywoods „Blacklist“ gesetzt, wie der Schauspieler Thomas Jane in dem Stephen King Podcast The Kingcast sagte (Folge 21, ab Minute 38). Wer auf dieser Liste steht, bekommt von der gesamten (Hollywood-) Filmindustrie keine Arbeit mehr. Darabont „darf“ also keine Filme mehr machen. Ob der Regisseur noch einmal begnadigt wird, bleibt abzuwarten. In absehbarer Zeit ist es jedoch unwahrscheinlich, dass wir einen Film von Darabont sehen.
2. John Carpenter (Halloween, Das Ding aus einer anderen Welt, Die Klapperschlange)
John Carpenter hat uns einige der besten Horrorfilme überhaupt geschenkt, wie Halloween – Die Nacht des Grauens (1978), The Fog – Nebel des Grauens (1980) und vor allem den berüchtigten Das Ding aus einer anderen Welt (1982). Auch für den Sci-Fi-Kultfilm Die Klapperschlange (1981) ist Carpenter verantwortlich. Doch der letzte Film, bei dem er Regie führte, war The Ward von 2010.
Der Bruch in Carpenters Karriere kam nach Das Ding aus einer anderen Welt. Der Film, der heute als Klassiker gilt, floppte damals heftig an den Kinokassen. Hinzu kam, dass die damaligen Kritikerinnen und Kritiker Carpenters neuen Film regelrecht zerrissen haben. Von diesem Tiefschlag konnte der Regisseur sich nie wieder richtig erholen. Dazu funkten die Studios Carpenter bei seinen Produktionen immer wieder dazwischen und sagten ihm, wie er die Filme zu machen habe. Carpenter, der sowieso nie wirklich zur Hollywood-Szene dazugehörte und kaum Kontakte zu ihr pflegte, nervte die ständige Einmischung. Dazu nervte ihn das US-amerikanische Publikum, das seiner Meinung nach nicht mehr die Art Filme sehen wollte, die er drehte. Der Regisseur versuchte sich von der Industrie zu lösen und machte noch eine Reihe kleinerer Filme mit schmalem Budget, dafür aber unabhängig von den Studios. Dabei kam unter anderem der Kultfilm Sie leben (1988) zustande. Irgendwann jedoch war Carpenter müde, gegen die Studios und das Publikum „anzukämpfen“. Er zog sich schließlich zurück. Nach The Ward hat er nur noch die Musik für die neue Halloween-Trilogie und für den Film Firestarter gemacht. Dass wir Carpenter noch einmal auf dem Regiestuhl sehen, ist also eher unwahrscheinlich. Wer sich näher für Carpenters Geschichte interessiert, dem empfehle ich die Doku Big John Carpenter auf Arte (siehe Button unterhalb).
3. John McTiernan (Stirb Langsam, Predator, Last Action Hero)
„Yippie-Ya-Yay, Schweinebacke“. Mit dem Polizisten John McClane hat Regisseur John McTiernan einen der coolsten Filmcharaktere und nebenher einen der besten Actionfilme aller Zeiten geschaffen. Weitere bekannte Werke McTiernans sind der Kultfilm Predator (1987), Last Action Hero (1993) oder die Fortsetzung Stirb Langsam – Jetzt erst recht (1995). Doch nach Basic von 2003 ist es ruhig um den McTiernan geworden.
Die Geschichte des Regisseurs klingt wie ein Film, den er selbst gedreht hat. Um die Jahrtausendwende keimte in McTiernan die Idee auf, dass sein damaliger Produzent Charles Roven ihn anzweifelt und loswerden will. McTiernans Misstrauen wuchs so weit, dass er den Privatdetektiv Anthony Pellicano engagierte. Dieser war in der Branche bekannt dafür, „Probleme“ zu lösen. Hollywood-Berühmtheiten gingen zu Pellicano, um andere Hollywood-Berühmtheiten abhören zu lassen und sie so erpressbar zu machen. In der Branche wurde er deswegen auch „Hollywood Fixer“ genannt. McTiernan gab Pellicano also den Auftrag, Roven auszuspionieren. Das FBI, das eigentlich hinter Pellicano her war, bekam die Abhöraktion schließlich mit. Die Beamten befragten McTiernan zu dem Fall, doch dieser log das FBI bewusst an. Letztendlich wurde der Regisseur zu 328 Tagen Haft verurteilt. Außerdem musste er 100.000 Dollar Strafe zahlen. Nach dieser Geschichte hat der McTiernan nie wieder zurück in die Spur gefunden. Bis vor kurzem. Wie es scheint, arbeitet McTiernan momentan an einem Sci-Fi-Film namens Tau Ceti Four (oder Tau Ceti Foxtrot), der 2024 in die Kinos kommen soll. Unter anderem sollen Uma Thurman und Laurence Fishburn mitspielen. Die Dreharbeiten sollen ab Herbst 2022 in Paris beginnen. Damit würde McTiernan nach 20 Jahren doch nochmal auf die große Leinwand zurückkehren – zu wünschen wäre es.
4. Terry Gilliam (Das Leben des Brian, 12 Monkeys, Brazil)
Terry Gilliam ist Mitbegründer der Komikergruppe Monty Python, die unter anderem Die Ritter der Kokosnuss (1975) oder den legendären Das Leben des Brian (1979) gemacht hat. Dazu hat Gilliam noch zahlreiche weitere Filme gedreht, wie den Sci-Fi-Klassiker Brazil (1985) oder 12 Monkeys (1995). Der letzte Film des Regisseurs ist The Man Who Killed Don Quixote von 2018. Wo ist er hin?
Terry Gilliam galt schon immer als sehr eigenwilliger Mensch. Er ist aufgrund der kreativen Vorstellungen bezüglich seiner Filme immer wieder in Hollywood angeeckt. Legendär ist die Geschichte um den Film Brazil. Mit dem damaligen Universal-Chef Sid Sheinberg hatte Gilliam einen Streit über das Ende des Films. Sheinberg empfand dieses als zu düster und wollte den Film so nicht in die Kinos bringen. Die Auseinandersetzung gipfelte letztendlich in einer Anzeige Gilliams in der Filmzeitschrift Variety. Hier heißt es im Original:
„Dear Sid Sheinberg,
When are you going to release my film, „Brazil“?
Terry Gilliam“.*
Letztendlich wurden zwei unterschiedliche Schnittfassungen herausgebracht: in Europa die „Gilliam-Version“ und in den USA eine gekürzte Fassung. Zu der Geschichte gibt es auch eine Doku namens The Battle of Brazil. Letztendlich floppte Brazil an den Kinokassen. Gleichzeitig markierte er einen Wendepunkt in Gilliams Karriere. Der Regisseur galt in der Industrie von nun an als besonders widerspenstig und verschwenderisch. Zudem schien auf seinen Folgeprojekten ein Fluch zu lasten – der sogenannte „Gilliam curse“. Oft hatte Gilliam nämlich beinahe lächerliches Pech mit seinen Produktionen. Die Abenteuer des Baron Münchhauen (1988) war einer der teuersten Flops der Filmgeschichte; The Man Who Killed Don Quixote steckte 20 Jahre lang in der Entwicklungshölle fest. Dazu hatte Gilliam mit teils katastrophalen Bedingungen am Set zu kämpfen sowie mit tragischen Toden während der Dreharbeiten, wie dem Tod von Heath Ledger. Ein Dutzend seiner Drehbücher und Filme wurde nie veröffentlicht. Nichtsdestotrotz gelangen Gilliam auch ein paar Kultfilme wie Fear and Loathing in Las Vegas (1998). Die meisten seiner Filme scheiterten jedoch an den Kinokassen. Obwohl Gilliam in der Industrie als Enfant terrible galt, hätte er beinahe die Harry Potter Filme umgesetzt. Die Autorin J.K. Rowling schlug ihn für die Verfilmung ihrer Bücher vor. Die Studios stellten sich jedoch dagegen. Von 2013 bis 2018 hat Gilliam gar keinen Film mehr gedreht, ehe er schließlich doch noch The Man Who Killed Don Quixote umsetzte. Danach ist es jedoch wieder ruhig um den Regisseur geworden. Es bleibt abzuwarten, ob Gilliams letzter Film nur ein Überbleibsel aus alten Zeiten war oder ob er nochmal wiederkommt.
5. Francis Ford Coppola (Der Pate, Der Dialog, Apocalypse Now)
„Ein Angebot, das Sie nicht ablehnen können“. Das Zitat Don Vito Corleones aus Der Pate könnte man auch zu den Filmen Francis Ford Coppolas aus den 1970ern sagen. Was der Regisseur in dieser Zeit auf die Leinwand gezaubert hat, ist zweifelsohne eine der produktivsten Schaffensphasen der Filmgeschichte: Der Pate I (1972), Der Dialog (1974), Der Pate II (1974) und Apocalypse Now (1979). Coppola gehört damit zu den größten Filmemachern überhaupt. Doch seit Jahren hört man kaum mehr etwas über den Regisseur – sein letzter Film war Twixt von 2011.
Coppolas Leidensweg wurde schon bei den mittlerweile legendär katastrophalen Dreharbeiten zu Apocalypse Now angedeutet. Ursprünglich 4 Monate sollte die Produktion für den Film dauern – etliche Vorkommnisse sorgten dafür, dass daraus am Ende 15 Monate wurden. Die für den Film vorgesehenen 16 Millionen US-Dollar Budget waren somit schnell aufgebraucht. Coppola musste seinen Privatbesitz verpfänden, um weiteres Geld für den Film aufzutreiben. Letztendlich ging das gut und Apocalypse Now spielte seine hohen Kosten an den Kinokassen wieder ein. Wer sich für die unglaublichen Dreharbeiten zu dem Film interessiert, sollte sich die Doku Hearts of Darkness – Reise ins Herz der Finsternis ansehen, die übrigens von Coppola selbst produziert worden ist. Was bei Apocalypse Now noch gut ging, scheiterte bei Coppolas Folgefilm Einer mit Herz (1982). Auch hier stiegen die ursprünglichen Produktionskosten ins Extreme: Von 2 Millionen US-Dollar auf 25 Millionen. Nur floppte der Film diesmal. Er spielte gerade einmal knapp 640.000 US-Dollar ein. Das stürzte Coppola und seine Produktionsfirma American Zoetrope in horrende Schulden. Ein Jahr später verkaufte Coppola die Firma schließlich. Die nachfolgenden Filme dienten dem Regisseur dann lediglich dazu, seine Schulden abzubezahlen. So sah sich der Regisseur letztendlich gezwungen, Der Pate III zu machen. Coppola hätte den Film wohl nie gemacht, hätte er das Geld nicht gebraucht. Tatsächlich war der Film ein Erfolg. Trotzdem konnte Coppola danach nie wieder an die Erfolge aus den 70ern anknüpfen. Irgendwann nervte ihn auch die Filmindustrie. Er hatte keine Lust mehr, die Art von Filmen zu machen, die gefragt waren. So hat er sich die letzten 11 Jahre mehr oder weniger zurückgezogen.
Nun aber soll der eingangs bereits erwähnte Megalopolis kommen, an dem Coppola schon seit den 1980ern arbeitet. Mit dabei sind unter anderem Adam Driver, Forest Whitaker, Shia LaBeouf, Laurence Fishburne und Dustin Hoffman. Wieder einmal finanziert Coppola den Film aus seinem Privatvermögen: 120 Millionen US-Dollar hat der Regisseur (bis jetzt) investiert. Dazu hat er einen Teil seines Weinguts verkauft, um den Film zu machen. Nun scheint es jedoch mal wieder altbekannte Probleme zu geben. Der Film soll zur Hälfte abgedreht sein, aber anscheinend reicht das Budget nicht ansatzweise aus. Dazu soll im Dezember vergangenen Jahres das gesamte Spezialeffekt-Team entlassen worden sein; weitere wichtige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiten gingen freiwilligen oder wurden ebenfalls entlassen. Es bleibt zu hoffen, dass Coppola den Film noch zu Ende bringt. Erfahrungen mit Chaos am Set hat der Regisseur ja.
Zitat aus der E-Mail:
Maddaus, Gene (2017): Frank Darabont´s Rage Boils Over: The Walking Dead´ E-Mails, [online] https://variety.com/2017/tv/news/frank-darabont-walking-dead-emails-rage-boils-over-1202494598/ [20.01.2023].
Zitat von Terry Gilliam:
Tangcay, Jazz (2019): Terry Gilliam Talks ‘Monty Python,’ ‘Brazil’ and Boris Johnson: ‘Blake Edwards Wanted to Direct or Produce “Life of Brian”‘, [online] https://variety.com/2019/artisans/awards/terry-gilliam-brazil-monty-python-1203449458/ [20.01.2023].